Kleine taktische Handlungsanweisung für skandalträchtige Äußerungen

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Kleine taktische Handlungsanweisung für skandalträchtige Äußerungen

Kairos (καιρος) – die taktische Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für das Aussprechen verpönter Fragen und Wahrheiten, gültig für Parteien und andere Organisationen im öffentlichen Raum

März 2017

 

Die Diskussionen, Vorwürfe, Abrechnungen und Strafmaßnahmen im widerständigen Milieu beschäftigten sich in den Wochen vor der Bundestagswahl 2017 überwiegend mit der Thematik „Rede- und Gedankenfreiheit”. Offensichtlich liegt den Konflikten ein tieferes Problem zu Grunde, welches alle anderen Gegenwartsfragen überstrahlt.

Den meisten Ärger verursachen bestimmte, immer wiederkehrende Reizthemen. Deren Behandlung in der Öffentlichkeit führt im Schatten von Wahlterminen bei zahlreichen, auf Mandate hoffenden Funktionärskadern zu heftiger Empörung.

Die selbsternannten Kontrolleure innerhalb des widerständigen Milieus versuchen daher immer öfters, ein Redeverbot durchzusetzen, dessen Kurzformel lautet: Das darf jetzt nicht gesagt werden!

Weil sich erwartungsgemäß kein freiheitlich Gesinnter an diese Regel hält, kommt es bei den Kontrolleuren zu Ärger, Streß und infantilem Fehlverhalten. Das widerständige Milieu läßt sich davon verunsichern.

 

Das Centrum deutsche Außen- und Geopolitik, im folgenden kurz cedag.net genannt, ist der Auffassung, hier die Problemstellung einer aktuellen Grundsatzfrage zu erkennen. Es soll versucht werden, schwerpunktmäßig einen Teilaspekt dieser Grundsatzfrage zu klären.

Mit dieser kurzen Studie als taktischer Handlungsanweisung im Tornister der freiheitsliebenden Widerständler sollten Konflikte dieser Art an Wirkung verlieren. Nach Klärung des Sachstands könnten in Zukunft interne Störmanöver zu vermeiden sein.

 

Als Einstieg in die Thematik wählt cedag.net eine Erkenntnismethode aus dem Gebiet der Security. Die allgemeine Ermittlungspraxis im Sicherheitsbereich orientiert sich regelmäßig an den sieben „W-Fragen”:

  • „Wer – wo – was – wann – wie – womit – warum?“

Im Falle politisch unkorrekter Äußerungen von Mitgliedern politischer Bewegungen oder Organisationen lassen sich die entscheidenden „W-Fragen” auf fünf reduzieren:

  • „Wer darf wo wann was wie kund tun – in Wort, Schrift, Bild, Gestik, Kleidung, Benehmen oder in Begleitung „unkorrekter” Personen?“

Das Kartell aus Politik, Medien, Amtskirchen, Finanzwirtschaft und semiprivaten Vorfeldorganisationen richtet ihren Bannstrahl regelmäßig auf Persönlichkeiten, die unbeeindruckt von den politischen Machtverhältnissen Dinge aussprechen oder der Öffentlichkeit Zusammenhänge präsentieren, die den Status quo der herrschenden Kaste in Frage stellen.

 

Was diesen vom Establishment gehaßten Widerständlern das Leben zusätzlich erschwert, sind Angriffe aus den Reihen ihrer eigenen Organisation. Dabei stellen die Angreifer aus dem eigenen Stall stets die fünf „W-Fragen”, die – unhinterfragt – als das absolute Maß genehmigter Rede- und Denkfreiheit in Stellung gebracht werden: „Durfte diese Person auf dieser Veranstaltung diese Aussagen in dieser Art kund tun?“

 

Diese Sprech-Verbrecher verhindern angeblich den Erfolg der Organisation. Das Wohl und die Zukunftsaussichten der angeblichen Mehrheit innerhalb der Organisation muß durch Verbote geschützt werden, wird postuliert. Die Rechtfertigung der Anmaßung, Schiedsrichter über Gut, Böse und die Zukunft sein zu dürfen, beruht, grob zusammengefaßt, auf drei „Straftatbeständen”, vor denen die Anständigen geschützt werden müßten.

  • Es ist verboten, potentielle Wähler durch Radikalität oder sonstigen Ansehensverlust abzuschrecken.
  • Es ist verboten, staatliche Repressionsmaßnahmen durch Provokation, Tabubrüche oder sonstige Schmähungen herauf zu beschwören.
  • Es ist verboten, die psychologische Belastbarkeit des Durchschnittsdeutschen zu testen mit Fakten und Analysen, die dessen an- und umerzogenes Weltbild irritieren könnten.

Die strategische Grundlage der selbsternannten Kontrolleure setzt sich, ebenfalls grob zusammengefaßt, aus vier Zielvorstellungen zusammen:

  • Die schwerwiegenden Probleme der gegenwärtigen Politik lassen sich durch friedliche und maßvolle Reformen lösen.
  • Die entscheidende, das politische Klima verändernde Arbeit findet vorwiegend in den Parlamenten statt.
  • Die Beschäftigung mit der tabuisierten Vergangenheit verhindert die breite Zustimmung und Unterstützung der potentiellen Wähler.
  • Die Vergangenheit hat nichts mit der Erkenntnis der Ursachen und der Suche nach Problemlösungen der aktuellen Krisen zu tun.

Das Ziel dieser Handlungsanweisung ist es, die Sichtweise jener Personen darzustellen, welche den Ruf nach radikaler „Rede- und Gedankenfreiheit” zur Grundlage ihrer politischen Praxis erkoren haben. Jene Personen kommen in ihrer Lageanalyse zu dem Schluß, allen Punkten widersprechen zu müssen.

  • Reformen werden nach Einschätzung sämtlicher Geheimdienste und anderer Sicherheitsbehörden verschiedener Länder Westeuropas, darunter auch Deutschlands, nicht einen lang anhaltenden Bürgerkrieg verhindern können.
  • Die Wirkung parlamentarischer Arbeit ist äußerst begrenzt. Die Entscheidungen fallen nicht im Parlament, sondern entweder in Machtzirkeln, vorwiegend in solchen außerhalb Deutschlands oder durch den Druck von Organisationen im metapolitischen Raum. Sie werden im Parlament lediglich nachvollzogen.
  • Die Lösungen gegenwärtiger Probleme hängen von der Art und Weise ab, wie die Ursachen, die in der Vergangenheit angelegt wurden, erkannt und benannt werden. Die zukünftige Entwicklung wird davon geprägt werden, wie mit der für menschliche Wesen bedingten Verkettung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als zusammenhängender Einheit Umgang gepflegt wird.
  • Die Gegenwart jedes Volkes wird nahezu vollständig von dessen eigener Vergangenheit bestimmt. Die Sicht auf diese entscheidet darüber, wie sich das Volk in Krisen und Katastrophen verhält.

Gerade die jüngere Geschichte Deutschlands bietet zahlreiches Anschauungsmaterial für die Richtigkeit dieser Thesen.

Dem Haß auf das Eigene, nationalem Masochismus und Apathie gegenüber dem eigenen Genosuizid kann man nicht entgegensteuern mit Kindergeld, EU-Reformen, Steuersenkungen, Einwanderungsquoten, noch mehr staatlicher Intervention oder mit der vermeintlichen Stärkung einer zukünftigen parlamentarischen Opposition.

 

Die aktuellen und kommenden ökonomischen Verwerfungen, die nicht gegebene und auch vom eigenen Volk nicht gewollte Souveränität, Bildungsmisere und Deindustrialisierung, Geburtenrückgang und Migration – all diesen Symptomen liegen die selben Ursachen zugrunde.

Von den Pariser Vorortverträgen bis zu den Brüsseler Verträgen über Umschuldung und Haftung zum Nachteil der Deutschen zieht sich eine Argumentationslinie hin, die immer auf dieselben, mittlerweile durch Tabuisierung geschützten „Kulte und Keulen” verweist.

Die Ursachen sind bekannt. Diejenigen, welche eine Beschäftigung mit diesen Ursachen unter ein Tabu gestellt haben, sind ebenfalls bekannt. Auch die Nutznießer dieser Tabus sind bekannt.

An dieser Stelle müssen die Ursachen nicht mehr wiederholt werden – selbst im Ausland werden diese so offen angesprochen, daß die Aufzählung der Fakten nur noch nervt.

 

Völkerpsychologen haben die unterbewußten Strömungen und Mikroprozesse schon vor Jahrzehnten erkannt und analysiert. Wissenschaftler wie Gehlen oder Lorenz haben die Grundlagen solcher mentalen Entwicklungen untersucht. Selbst ein Philosoph wie Nietzsche hatte schon bedeutend früher auf die Folgen einer alles verschlingenden Moralisierung verwiesen.

Deutschland befindet sich seit Jahrzehnten nicht in einer Phase vernunftbasierter Diskussionen, sondern im Ausnahmezustand einer psychopathologischen Selbstzerstörung.

Der Weg in die Knechtschaft wurde vollzogen, nicht nur im ökonomischen Sinn. Was aktuell notwendig ist, ist die freie Rede. Denn nur diese versetzt den Widerstand in die Lage, die Wurzeln aktueller Repressionen offen zu legen und die Ursachen zu benennen. Damit beginnt der erste wirksame Schritt.

Zum Verständnis dessen, was in diesem Zusammenhang „freie Rede” bedeutet – neben der allgemeinen Gesetzeslage – sollte die Unterscheidung von Privatperson und Mitglied berücksichtigt werden. Denn jede Organisation wird aus Gründen des Selbstschutzes über ein eigenes Reglement verfügen.

Im widerständigen Milieu zählen zu den wichtigsten Regeln immer die vier folgenden, unabhängig, ob Partei, Initiative oder Aktionsgruppe:

  • Kritik an den eigenen Leuten nur intern – keine öffentliche Distanzierung.
  • Interne Diskussionen kennen keine rote Linien – Inhalte und Namen bleiben vertraulich.
  • Programmatische Aussagen werden flexibel gehandhabt. Aufgrund ihrer Vorläufigkeit werden sie nicht überbewertet.
  • Relevante Entscheidungen werden an der Basis gefällt – Funktionäre haben sich an diese Vorgaben zu halten oder treten zurück.

Bleibt also nur noch die Frage: Wann ist der richtige Zeitpunkt für das Aussprechen unliebsamer Wahrheiten? Darauf gibt es nur eine Antwort:

Wenn eine Person etwas sagen will, sagt sie dies immer und jederzeit. Solange sie das Reglement der eigenen Organisation nicht verletzt, sind Vorschriften für einen Zeitplan abzulehnen. Die Reaktion der Gegner darf niemals zum Maßstab freier Rede werden. Im Falle eines solchen Versuchs gilt: Jetzt erst recht!

 

Das Prinzip der freien Rede steht in der Hierarchie grundsätzlicher Werte über allen anderen Geboten. Wer dies anzweifelt oder verändern möchte, gehört nicht ins Lager des widerständigen Milieus. Er wird zum Feind.

Bei einer weiteren Verschärfung der Lage werden die Verfechter der Rede- und Gedankenfreiheit sich überlegen müssen, wie man die Kontrolleure – gleichgültig, ob intra oder extra muros – ins Leere laufen lassen kann.

 

Und welche Verhaltensweise bleibt als Option übrig, wenn keine freie Rede mehr möglich sein sollte?

Dann müssen „Partisanen-Fernmelde-Staffeln” rekrutiert werden, welche die Verbindungen zwischen den freiheitlichen Kommunikationszellen herstellen, pflegen und die Inhalte einer alternativen Öffentlichkeit verdeckt anbieten. Was früher von der Schnelligkeit von Pferden abhing, läßt sich heute mit Stromanschluß, Verschlüsselung und technischem Verständnis bewerkstelligen.

Die elektronische Vernetzung zwischen Industrie, Handel, Administration und Privatpersonen ist mittlerweile so unüberschaubar verwoben und breit aufgefächert, daß eine Isolierung im Sinne einer chinesischen Mauer um die Daten-Netze herum weiträumig nicht mehr durchführbar ist. Kommunikation läßt sich behindern, aber nicht abschalten.

Die Möglichkeiten der Informationsunterdrückung sind aus Sicht des Establishments noch nie so schlecht gewesen wie heute.

 

Ein Grund der Erleichterung – kein Grund der Selbstbeschränkung freier Rede.

 

 

 

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